Krippenverein Thaur

Martin Feichtner

 

 

Die Krippendarstellung wurde seit dem 18. Jahrhundert in Thaur nachweislich gepflogen[1]. Die heimischen Künstler schufen nicht nur herausragende Kunstwerke, die Krippe war auch eine Identifikation mit dem Glauben.  Geschaffen wurde damit eine Krippenbewegung in Tirol, die weltweit ihresgleichen sucht. Der Einzug der Krippen in die bäuerlichen Stuben und Bürgerhäuser hat dies wahrscheinlich stark geprägt. Schon um 1740 herum fanden Zusammenkünfte von Krippenfreunden in Tirol statt. Ein Stammtisch der „Krippeler“ beim Buschenwirt in Innsbruck in der Stallgasse (heute Stiftgasse Nr. 6) ist überliefert. In der Gaststube wurde sogar eine kleine Krippe angebracht und ab 1750 hieß die Weinschenke „Gasthaus zur Krippe“[2]

Die Einbettung der Treffen in eine Vereinsstruktur ist nicht bekannt, bzw. auch nicht nachweisbar. Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert finden wir Dokumente und Niederschriften von Vereinsgründungen. Der älteste Krippenverein der Welt wurde in Wenns im Pitztal im Jahre 1860 gegründet[3].

Mit den Wanderversammlungen des Landesverbandes der Tiroler Krippenfreunde (gegründet 17. Mai 1909 in Innsbruck) begannen sich die „Krippeler“ vereinsmäßig zu organisieren. Auf Ansinnen der beiden Thaurer Landesausschussmitglieder Johann Höpperger, K.K. Postmeister und Franz Pernlochner III, Schandl, wurden im Jahr 1911 zwei Wanderversammlungen in Thaur abgehalten. Von der ersten Versammlung am 8. Jänner im Gasthof Stangl sind keine Einzelheiten bekannt. Bei der zweiten Zusammenkunft am 10.12.1911 ist belegt, dass ein „guter Besuch“ zu verzeichnen war. Eine rege Diskussion und Belehrung, sowie Aufklärung über das schwindende Interesse an der Weihnachtskrippe wurden inhaltlich thematisiert. Somit gilt dieser Tag als Geburtsstunde des Krippenverein Thaur.

 

Die Geburtsstunde des Krippenverein Thaur

 

Der erste Obmann des Krippenvereines Thaur, damals noch liebevoll „Krippenpfleger“ genannt, war Franz Pernlochner III (Schandl). Das Interesse für den Verein dürfte aber nicht besonders groß gewesen sein, da nur 18 Mitglieder im Jahr 1918 genannt wurden. Im Jahr 1919 betrugen die Vereinsbeiträge bei 30 Mitglieder 27,80 Kronen. Als Vergleich kostete damals eine bemalte Krippenfigur (8cm) von Hans Seisl in Wörgl 50.000 Kronen, ein Schaf bemalt (3 cm) 6.000 Kronen[4]. Anmerkungen in „Der Krippenfreund“ (Zeitschrift des Tiroler Landesverbandes) aus den Jahren 1921, 1925, 1932 und 1936 weisen auf das Krippendorf Thaur hin[5]. Unser Krippenpfleger war auch im Landesverband bis 1921 als Ausschussmitglied tätig. Die Obmannschaft behielt er bis zur zwangsweisen Auflösung des Krippenvereines durch Nazideutschland im Jahr 1939. Der Mitgliederstand in dieser Zeit veränderte sich nur unwesentlich. Leider sind auch keine Aufzeichnungen über die Vereinsaktivitäten vorhanden. Interessant ist noch ein Bericht im „Tiroler Anzeiger“ vom 28. März 1930:

„Am Sonntag, den 30. März, halten die Tiroler Krippenfreunde eine Wallfahrt nach Thaur zum St. Romedikirchlein und der dortigen Fastenkrippe ab. In der Pfarrkirche ist um 1 Uhr Gottesdienst; um ½ 2 Uhr ist Kreuzgang nach St. Romedius mit Kreuzweg. Dort ist Krippenandacht mit Ansprache. Hierauf, um etwa 3 Uhr ist beim Stanglwirt in Thaur Versammlung der Krippenfreunde mit Lichtbildervortrag über das Leiden Christi, Referat und Krippenhoangert. Alle Freunde der Weihnachts- und Fastenkrippe sind eingeladen.“ Über den Verlauf und Zahl der Teilnehmer an der Wallfahrt ist leider nichts bekannt. Es ist dies aber ein Hinweis für die tiefe Religiosität der „Krippeler“.

 

Hoffnungsvoller Neubeginn nach dem 2. Weltkrieg

 

 

 

In November 1946 waren in Thaur 24 Mitglieder registriert [6] und in den Folgejahren stieg die Mitgliederzahl leicht an. Am 28. Dezember 1947 fand um 14 Uhr eine Wanderversammlung des Tiroler Landeskrippenverbandes im Gasthof Stangl statt. Zur Verschönerung des Saales wurden mehrer Figuren der Schlosskirchenkrippe aufgestellt. Der Saal war mit ca. 140 Personen aus Nah und Fern überfüllt. Unter den Gästen befand sich auch Mons. Sebastian Rieger (Reimmichl). Der „Krippenfreund“ Nr. 118 berichtete über Sänger, Musikanten und Mitwirkende des schönen Weihnachtsspieles „Heilige Nacht in Tirol“ von Reimmichl. Von mehreren Krippenfreunden angeregt, sollte der örtliche Krippenverein die Betreuung der Pfarrkirchenkrippe übernehmen. Seit 1950, bis heute, ist diese schöne und wichtige Aufgabe in den Händen des Krippenvereines. Damit wird auch den Vereinsstatuten entsprochen, die da lauten: „Die Pflege und Erhaltung der Weihnachtskrippe“. In den folgenden Jahren waren keine wesentlichen Tätigkeiten zu verzeichnen. Im Jahr 1952 wurde beschlossen, dass jährlich am Sonntag nach Weihnachten eine Heilige Messe für lebende und verstorbene Vereinsmitglieder abgehalten wird. Musikalisch umrahmt vom Kirchenchor oder vielen anderen Musikgruppen ist dies bis heute Brauch. Dies war auch die Geburtsstunde des „Krippensonntags“.